Oh, ein Thema, das Emotionen in uns Enthusiasten weckt....
Hier noch einige ergänzende Gedanken zu den Vorträgen:
Waren nicht auch die Rolls-Royce und Bentley der 20er und 30er Jahre teilweise ganz gewaltige Automobile? Oder die Nachkriegs-Phantom? Und mögen sie nicht auch zu ihrer Zeit je nach Betrachtungsweise Manchem als protzig erschienen sein, auch wenn die Eigner das vielleicht ganz anders sahen?
Waren nicht gerade Bentley zu früheren "Hochzeiten" der Marke Synonym für Hochleistungsfahrzeuge? Sogar noch die Contis der 50er Jahre? Wobei ich gerne zustimme, dass manch jüngste Leistungssteigerung etwa beim GT mir persönlich ein wenig übertrieben erscheint.
Und ab wann sind denn solch große Autos, mit hubraumstarken Motoren und weitüberdurchschnittlichem Benzinverbrauch, nicht mehr zeitgemäß? Müßte man da nicht auch schon die Shadows der 70er Jahre nennen, als die ersten großen Energieverknappungen diskutiert wurden, gar in Fahrverbote mündeten? Hätte damals Rolls-Royce radikal umdenken sollen? Wenn sie es denn wirtschaftlich gekonnt hätten! Und - Gute Güte- was für eine Art Fortbewegungsmittel wäre dabei wohl herausgekommen... Hätten wir dann heute noch Autos, die diesen Namen "angemessen" weiter getragen haben? Keiner von uns würde wohl auf die Idee kommen, dass diese Autos keinen Anspruch mehr auf die aufwändige Hege und Pflege der Enthusiasten hätten.
Das Hauptakzeptanzproblem von Rolls-Royce dürfte sein, dass diese Marke komplett von den Traditionen der Hardware Crewe abgetrennt ist. Aber mit Hilfe der übernommenen "DNS" ist es m.E. gelungen, ein Auto in den Traditionen der alten Marke zu schaffen. Manchmal wirkt das in Details etwas holprig. Bei Bentley/Mulliner spürt man dann eher, welch handwerkliches und designerisches Können hier weitergenutzt werden kann.
Aber im Phantom spiegelt sich die Historie der Marke genauso wider wie ihre künftige Weiterentwicklung. Dürfen wir, ja hat es Sinn, zu fragen, wie es denn mit Rolls-Royce "eigenständig" weitergegangen wäre? Würde ein solcher Rolls anders aussehen als der Phantom? Ist der BMW-Motor des Seraph schon der Neuen Zeit zuzuordnen oder ein Stück übernommener Tradition?
Ein anderer Gedanke noch: Waren die Bentley der S-Serien eigenständige Autos? Oder "nur" noch Rolls- Royce, denen man eine andere Markenpappnase aufgestülpt hatte. Und wenn, verdienen sie nicht trotzdem zu Recht unsere ganze Liebe?
Zum Projekt des "Kleinen Rolls" nur eine Anmerkung. Verdient der Kühler dieser Serienlimousine es, so rundgelutscht zu werden, dass hier tatsächlich ein Stück Markenidentität aufgegeben wird und er viel eher das Image erhält, nur noch ein überteurer BMW zu sein? Würde es einem RR nicht im besten Sinne des Wortes gut zu Gesicht stehen, den klassischen Kühlergrill weiter vor sich herzutragen und damit dem automobilgestalterischen Zeitgeist zu widerstehen?
Und abschließend nur eines: Ich mag die Rolls-Royce und Bentley aller Epochen, die einen ein wenig mehr, die anderen ein wenig weniger. Aber irgendwann werden auch die neuen Fahrzeuge nur ein Glied in der Kette dieser Marken sein, die zusammenzuhalten die hier miteinander Kommunizierenden angetreten sind.
So, mehr Pathos ist heut nicht mehr drin!
Mit herzlichen Grüßen aus Hamburg
Jörn