In Spanien stellt sich die Krise etwas anders dar als in den meisten anderen Ländern. Zwei Dinge sind da wohl entscheidend:
1. Spanien hat seine eigene Immobilienblase wie die USA oder Großbritannien, die laut geplatzt ist. Die Immobilienpreise sind um 30 % und mehr gefallen, sie werden noch weiter fallen – jetzt oder im Laufe des Jahres in Spanien ein Häuschen zu kaufen ist schon bald so günstig wie vor 10 Jahren. Daß die Blase platzen mußte, war an den Finanzierungsangeboten zu erkennen: Finanziert wurde zu 125 % und auf 100 Jahre!!!!!
2. Spanische Banken und Versicherer durften ihr Geld nicht in diesen Ramschhypothenpapieren anlegen, die spanische Bankenaufsicht hat das unterbunden, und deshalb stehen die Banken und Versicherer trotz Wirtschaftskrise gut da (Banco Santander ist in dieser Krise heimlich zur größten Bank Europas und – erstaunlich genug – zur drittgrößten Bank Englands geworden). Aber sie müssen sich ja gleichwohl fortwährend auf dem europäischen Geldmarkt refinanzieren, und das funktioniert eben nicht mehr, auch wenn das Geld auch auf dem europäischen Markt schon bald zinslos zu haben ist. Insofern nutzt den Spaniern ihre weitersichtige Bankenaufsicht gar nichts, obwohl die Banken von ihr gezwungen wurden, hohe Rücklagen anzuhäufen für schlechte Zeiten (in den 80er Jahren gab es eine riesige Bankenpleite in Spanien, 50 Banken gingen pleite, 20 % des gesamten ersparten spanischen Privatvermögens waren verloren).
Und diese schlechten Zeiten sind jetzt für die Banken da: So wie Deutschland exportabhängig ist wie kaum ein anderes Land, ist Spanien von der Bauwirtschaft abhängig wie kaum ein anderes Land. Da aber den Banken das Geld für die Refinanzierung ihrer abenteuerlichen Kreditvergabe (125 % auf 100 Jahre) fehlt, gehen die Baufirmen reihenweise pleite, was die Arbeitslosigkeit schon auf über 10 % (auf den Kanaren Tendenz gegen 20 %) treibt. Und der Otto Normalverbraucher kann diese abenteuerlichen Kredite nicht mehr aufnehmen und aufgenommene nicht mehr bezahlen, weil mangels Rückfinanzierungspotential der Banken die Zinsen heftig steigen.
Es ist absurd, die Europäische Zentralbank senkt die Zinsen immer weiter, und das Geld wird hier für den Verbraucher oder Unternehmer immer teurer. Es wird nicht mehr gebaut, weil keiner mehr kaufen kann, und das Gekaufte kann nicht mehr gehalten werden, also fallen die Preise.
In Spanien hängt alles an der Bauwirtschaft – ist vielleicht gut, daß da endlich eine Korrektur eintritt. Die Regierung ergreift also im wesentlichen Maßnahmen zur Stütung der Bauwirtschaft, entweder durch direkte Zahlung von Zuschüssen an junge Leute, die heiraten und eine Immobilie erwerben sollen, oder durch öffentlichen Wohnungsbau – als ob es nicht genug Wohnungen gäbe in Spanien! Oder durch sonstige Bau-Infrastrukturmaßnahmen. In Spanien wohnen übrigens über 90% aller Leute in Wohneigentum! Aber wie lange noch?
Zur Verquickung der massenweisen Pleiten von Baufirmen und Otto Normalverbraucher muß man wissen, daß in Spanien eine Immobilie fast immer gekauft wird, bevor sie gebaut ist. Klar kann man auch ein fertiges Haus kaufen. Aber wer ein Haus baut, der kauft es vor dem Bau beim Unternehmer, der ihm dafür das Objekt errichtet. Das hat ja auch prima funktioniert, solange die Preise immer nur gestiegen sind, es war immer ein gutes Geschäft für beide Parteien. Jetzt aber fallen die Preise, und die Baufirmen gehen pleite, weil es keine Kredite mehr gibt. Und viele viele kleine Leute mit ihren abenteuerlich finanzierten Häuschen und Wohnungen stehen plötzlich mit leeren Händen da, ohne Geld und ohne das Haus/Wohnung.
Das ist die spanische Krise – oder jedenfalls ein ganz entscheidender, wenn nicht der wirklich entscheidende Apsekt davon. Sie ist der deutschen weniger vergleichbar, aber ganz ähnlich der amerikanischen oder britischen. Für so einen Quatsch wie eine Abwrackprämie ist hier jedenfalls kein Bedarf. Es gibt doch keine eigene Autoproduktion, Seat ist VW, und sonst gibt es nichts, ein bißchen Zusammenschrauben von Citroen und Peugeot, das wär’s dann aber auch schon. Nein, hier ist der Wirtschaftsmotor ganz entscheidend die Bauwirtschaft – gewesen? Da wird jedenfalls das Geld reingepumpt, auf verschiedenste Weise. Ob’s hilft?
Gruß - Udinho