Fahrverbot
Berliner Innenstadt wird für alte Autos gesperrt
Für die Fahrer von 70.000 Berliner Pkw und 30.000 Lastwagen, die noch nicht die ab 2008 geforderte Abgasnorm Euro 2 erfüllen, wird es ernst. Sie müssen nachweisen, dass es unbedingt notwendig ist, innerhalb des S-Bahn-Ringes zu fahren. Ausnahmegenehmigungen kosten zwischen 100 und mehr als 400 Euro. Aber es wird kaum welche geben.
Die Halter von 100.000 älteren Autos und Lastwagen in Berlin werden es schwer haben, ab dem kommenden Jahr in die Innenstadt zu fahren. Denn der Senat ist entschlossen, Ausnahmegenehmigungen in der Umweltzone für nicht schadstoffarme Fahrzeuge nur sehr begrenzt zu vergeben. Überdies werden Gebühren von mindestens 100 Euro für eine Ausnahmeerlaubnis fällig. Das wird aus dem detaillierten Plan der Umweltverwaltung zu Ausnahmen für die Umweltzone deutlich, der morgenpost.de vorliegt.
Das Ziel des Senates ist, die Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden in der Innenstadt zu verringern. Ab 1. Januar 2008 müssen Autos dort mindestens Schadstoffgruppe 2 erreichen. In der zweiten Stufe ab 2010 wird die grüne Plakette der Schadstoffgruppe 4 verlangt.
Grundsätzlich soll gelten: Wenn eine Nachrüstung mit Katalysator oder Dieselrußfilter technisch möglich ist, muss sie erfolgen. Allenfalls für eine nicht von ihm zu verantwortende Verzögerung kann ein Fahrzeughalter eine Ausnahmegenehmigung bei einem Bezirksamt beantragen. Die Frage, wie viel eine Umrüstung kostet, spielt für die Entscheidung keine Rolle.
Auch von Berufspendlern und minderschwer Behinderten verlangt der Senat, ihre Autos umrüsten zu lassen. Nur wenn das technisch überhaupt nicht möglich ist, erhalten sie eine Ausnahmegenehmigung. Und sie müssen mit einem Bescheid des Steuerberaters nachweisen, dass ihre wirtschaftliche Existenz bedroht wäre, wenn sie sich ein neues privates Fahrzeug zulegen müssten.
Keine Chance, mit ihrem alten Wagen innerhalb des S-Bahn-Ringes zu fahren, haben etwa Menschen, die Familienangehörige innerhalb der Umweltzone pflegen. Auch Gäste von außerhalb, die bei Bewohnern der Umweltzone logieren, dürfen nicht vor die Tür fahren, wenn ihr Auto den Abgasnormen nicht entspricht. Das Gleiche gilt für Kleingärtner mit einer Parzelle in der Zone, für Einkäufer oder Eltern, die Kinder zur Schule, zum Kindergarten oder zum Musikunterricht fahren wollen. Für Berufspendler, Schwerbehinderte minderer Schadensklassen und Gewerbetreibende können die Bezirksämter Ausnahmegenehmigungen erteilen. Das gilt auch für Menschen, deren ökonomische Existenz ohne ihr altes Auto auf dem Spiel steht. Pendler sind nur ausgenommen, wenn ihre Arbeit vor sechs Uhr beginnt oder nach 24 Uhr endet. Oder wenn sie ein ärztliches Attest vorlegen, dass sie nicht mit Bus und Bahn fahren können. Zumutbar soll allerdings sein, 400 Meter vom Rand der Umweltzone zum Arbeitsplatz zu laufen.
Für die Wirtschaftsbetriebe zeigt sich der Senat ähnlich streng wie für die privaten Autofahrer. So dürfen zum Beispiel Schausteller ihre Wagen von alten Maschinen ziehen lassen oder Oldtimertaxis und Trabbi-Safaris mit Sondergenehmigung weiterarbeiten. Auch Schwerlasttransporte oder die Fahrten von Verkaufsmobilen etwa zu Wochenmärkten sind möglich, wenn die Halter eine Genehmigung beantragen. Dafür werden aber etwa für einen 7,5-Tonnen-Lkw Gebühren von insgesamt 432 Euro für neun Monate fällig. Halter gewerblich genutzter Pkws zahlen mindestens 150 Euro.
Besitzt eine Firma einen Wagenpark mit mehr als vier Fahrzeugen, soll es eine Quotenregelung geben: Schafft ein Unternehmen besonders schadstoffarme Wagen der Klasse Euro 4 an, erhält es für eine bestimmte Anzahl seiner Schadstoff ausstoßenden Autos eine Ausnahmegenehmigung. Auch im Wirtschaftsverkehr dürfen Gewerbetreibende nachweisen, dass der Kauf eines neuen Fahrzeugs die wirtschaftliche Existenz vernichten würde. Keinen Anspruch auf eine Härtefallregelung haben aber Hebammen oder Ärzte, ebenso wenig wie die Wagen von Schlüssel- und anderen Notdiensten, Reisebusse und Taxen. Kein Pardon kennt die Umweltverwaltung auch für Fahrzeuge der BVG oder von Behörden. Sie alle müssen umgerüstet oder ersetzt werden.
Für Ausnahmegenehmigungen müssen die Antragsteller umfangreiche Nachweise erbringen. Für den vom Senat veranschlagten Verwaltungsaufwand von einer Stunde pro Fahrzeug werden 51,20 Euro erhoben. Je nach Art des Autos und der Dauer der Ausnahmelizenz können die Gesamtkosten zwischen 100 und mehr als 400 Euro betragen. Generell gilt die Ausnahmeregelung längstens für 18 Monate. Danach muss jeder ein schadstoffarmes Auto angeschafft haben. Oldtimer, die mehr als 30 Jahre alt sind, dürfen mit Ausnahmelizenz bewegt werden. Ohne Ausnahmeplakette dürfen Autos der Polizei, Müllabfuhr, Feuerwehr sowie Krankenwagen und Militärautos in die Umweltzone.
Stand: Mittwoch, 13. Juni 2007, 21:28 Uhr
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